Jetzt mal von Anfang an

Wo ich herkomme

Ich sollte eigentlich in Bremerhaven zur Welt kommen. So war es geplant. Aber weil meine Mutter auf den letzten Drücker bei meiner Oma in Otterndorf eingeschneit wurde, musste es eben dort klappen.
Ging ja nachweislich auch ganz gut.
Mir gefällt es, dass in meinem Ausweis Otterndorf als Geburtsort steht. Zum einen ist das schon mal deutlich origineller als Bremerhaven und zum anderen mag ich Otterndorf wirklich sehr.
Außerdem war meine Oma viel mehr für mich, als eine Oma, die man gelegentlich und vielleicht noch an Weihnachten besucht. Sie war für mich eine Großmutter im eigentlichen Sinne des Wortes. Darum ist die kleine Stadt an der Elbe für mich immer meine eigentliche Heimat geblieben.
Seit meine Großmutter, meine Mutter und viele, die ich dort kannte, tot sind, schaffe ich es aber kaum weiter, als bis zum Friedhof am Stadtrand. Otterndorf ist noch immer wunderschön, aber für mich ist es inzwischen auch sehr schmerzhaft, also bin ich nur noch sehr selten dort. Das ist schade, aber wenn es zu sehr weh tut, soll man sich nicht unnötig quälen und außerdem habe ich ja all die schönen Erinnerungen.

Schlagzeug

Das mit dem Trommeln begann zu einer Zeit, in der es für mich nicht allzu rund lief. Ich war vierzehn, meine Eltern hatten sich kurz zuvor getrennt, die Schule war ein absolutes Desaster, viele meiner Kumpels hatten Freundinnen, ich hingegen war für die Mädels unsichtbar und ich war unterm Strich wegen all dieser Umstände, um es mal vorsichtig zu formulieren, spürbar derangiert.
Aber die Rettung war schon auf dem Weg, wenn ich sie auch zu dem Zeitpunkt noch nicht als solche erkannte.
Ich besaß damals schon seit einer Weile Drumsticks und beobachtete in Musiksendungen im Fernsehen mit großem Interesse die Schlagzeuger, um sie anschließend, auf Kissen und Eimern trommelnd, zu imitieren. Als ich eines Tages Max Werner im Fernsehen sah, der hinter einem monströsen weißen Drumset trommelnderweise seinen Hit „Rain in May“ sang, war für mich klar, dass ein Schlagzeug her musste.
Das kam dann auch und war zwar nicht monströs und weiß, sondern klein und schwarz, aber das war mir gerade mal wurscht. Von dem Zeitpunkt an saß ich nun erstmal viele Monate jeden Tag vier Stunden im Keller und übte meinen Kram.
Dann landete ich irgendwann glücklicherweise in unserer Schulband, später in meiner ersten eigenen Band und stellte währenddessen fest, dass ich wohl meine Bestimmung gefunden hatte.
Das war doch mal was. Auch damals schon.
Hauptberuflich mache ich das nun seit 1993 und habe vorher, vermutlich weil die Vernunft mit mir durchging, noch was Anständiges gelernt und außerdem auch meinen Zivildienst abgeleistet.
Ich überlegte mir damals, dass ich das mit dem beruflichen Trommeln einfach weitermache, solange es eben gut geht. Seitdem ist viel Zeit vergangen, viele Bands und Kollegen sind gekommen und wieder gegangen, hunderte Male habe ich meine Sets auf- und wieder abgebaut und unzählige Stunden in Proberäumen, auf Bühnen und in Orchestergräben verbracht.
Was soll ich sagen? Es macht noch immer genau so viel Spaß wie damals, als ich das erste Mal im Keller hinter meinem ersten eigenen Set saß und spürte, dass da gerade was Großes für mich im Gange war.

Bücher

Ich habe recht früh angefangen, Schlagzeug zu unterrichten. Gerade zu Beginn waren meine SchülerInnen hauptsächlich Kinder zwischen sechs und zehn Jahren. Das lief auch ganz gut. Aber ich hatte das Problem, dass ich zu der damaligen Zeit kein gutes Unterrichtsmaterial für diese Altersgruppe bekommen konnte. Also hab ich mir mein eigenes Material zusammengestellt und damit ein paar Jahre recht erfolgreich gearbeitet.
Irgendwann fing ich an, darüber nachzudenken, ob ich meinen Kram nicht mal Verlagen anbieten solle, um ein Buch daraus zu machen. Ich war aber noch zurückhaltend und hatte obendrein Vorbehalte. Denn die Verlage würden ja vermutlich nicht gerade auf mich warten, dachte ich mir damals.
Aber dann kam mein Freund Matthias und sagte etwas, das mir noch heute in den Ohren klingelt und was letztlich dazu führte, dass es nicht nur eines, sondern noch ein paar Bücher mehr geworden sind.
Er sagte, „Du musst dich von dem Gedanken verabschieden, dass Bücher immer nur die anderen schreiben“.
Weil ich nicht anders konnte, als ihm recht zu geben, habe ich mich also von besagtem Gedanken nach und nach verabschiedet und einfach mal losgelegt.
Wie sich ein weiteres Mal zeigte, sind die Hürden auf der Innenseite des Kopfes meist die höchsten.
Schließlich habe ich dann zu irgendeinem Zeitpunkt noch mehr Hemmungen verloren und begonnen, Romane zu schreiben.
Ich könnte über jedes der Bücher so viel erzählen und hätte doch immer noch das Gefühl, mehr als die Hälfte vergessen zu haben. Gerade die Romane sind eine sehr persönliche Angelegenheit. Das Schreiben ist ein einsamer, zäher und manchmal grausamer Job und ich empfehle jedem, der schnelle Ergebnisse und schnelle Erfolge will, sich nach einem anderen Betätigungsfeld umzusehen. Aber andererseits ist das Schreiben eben auch eine wichtige, lehrreiche und bisweilen heilsame Angelegenheit.
Alle Bücher, egal ob Lehrbuch oder Roman, fordern beim Schreiben Schweiß, Blut und Tränen in veränderlichen Gewichtsanteilen. Aber sie geben auch viel zurück. Man lernt dabei. Über sich selbst, über die Welt und man lernt, die eigenen Horizonte zu hinterfragen und bei Bedarf zu erweitern.
Und ich bin jedem dankbar, der mir bei der Umsetzung all dieser Projekte mit professionellem Rat, fundierter Kritik, gelegentlichem Lob und manchmal mit aufmunternden Worten geholfen hat.